„Die Themen liegen auf der Straße“

Abteilung Erwachsenenbildung setzt auf Kreativität in der politischen Bildung

Alex Paul ist auf Deutschlands Bühnen zuhause. Mit seinen gesellschaftskritischen, persönlichen, oft humorvollen und selbstironischen Texten hat sich der 30-Jährige in der Poetry-Slam-Community einen Namen gemacht. Nicht zuletzt mit seiner Teilnahme an den NRW-Landesmeisterschaften 2020 und 2022 und den deutschsprachigen Meisterschaften 2022 in Wien. Auch beim Kolping-Jubiläumsfest in Köln begeisterte der Paderborner Poetry Slammer mit seiner Wortkunst. Jetzt hatte er sich für die Gesellschaftspolitische Akademie des Kolping-Bildungswerks tief ins Internet gegraben, um „den Schund des Netzes zu finden“. Mitgebracht hatte er für einen Poetry-Workshop im Hotel Aspethera ein Potpourri an Hasskommentaren: ­frauenfeindlich, fremdenfeindlich, homophob und islamfeindlich. Seine Mission: die Teilnehmenden zu inspirieren und anzuleiten, dem Hass im Internet mit Poesie, Satire und anderen Textformen zu begegnen.

Impressionen vom Poetry-Workshop mit Alex Paul Ihrer Kreativität freien Lauf ließen die Teilnehmenden des „Poetry-Workshops“ – eines der Formate, mit denen die Erwachsenenbildung neue Wege in der politischen Bildung geht. Fotos: Jana Sudhoff

Welchen Ton wähle ich aus? Möchte ich mich lustig machen oder inhaltlich reagieren? Möchte ich dem Hater einen Spiegel vorhalten, einen ironischen Dankesbrief schreiben oder den Kommentar als Refrain aufgreifen? „Ihr könnt reimen, übertreiben, überspitzen…“, schlug der Poetry-Experte vor. Erleichterung bei denen, die nicht gerne Verse schmieden: „Nur weil Poetry draufsteht, muss keine Poesie drin sein.“ So entstanden an jenem Samstagvormittag viele starke Antworten auf Beleidigungen, Drohungen, Hate Speech, aber auch auf persönliche negative Erfahrungen – in unterschiedlichen kreativen, teils sehr emotionalen Varianten.

Neuartige Formate, spannende Veranstaltungsorte

Auf die Magnetwirkung von Referent und Poetry Slam hatte die Abteilung Erwachsenenbildung des Kolping-Bildungswerks Paderborn gehofft. Unter anderem darauf fußt ihr neuer Ansatz für die Bildungsveranstaltungen, mit dem man Bildung neu denken möchte. „Die Themen liegen auf der Straße.“ Mit dieser Zielvorstellung hatte Wolfgang Gelhard aus der Hauptgeschäftsführung der Kolping-Gruppe vor zwei Jahren die Neuausrichtung der Gesellschaftspolitischen Akademie initiiert, um zusätzliche Zielgruppen zu erreichen und sie zu befähigen, ihren Gedanken, Gefühlen und Sorgen Ausdruck zu verleihen.

Die Themen, die auf der Straße liegen, greift der „Donnerstalk“ auf. Er findet ab 2026 jeden ersten Donnerstag im Monat statt. Immer wieder treffen uns aktuelle (welt-)politische Ereignisse oder aufbrandende Diskussionen unverhofft. Was hat es damit auf sich? Antworten bietet das moderierte Online-Format in kompakten 60 Minuten, um den Zuhörer*innen greifbaren Input für die Meinungsbildung an die Hand zu geben. Um nah am Alltagsgeschehen zu bleiben, werden die Themen erst eine Woche vorher bekannt gegeben.

Auf unmittelbare und persönliche Einblicke setzt die Erwachsenenbildung bei weltpolitischen Themen, zu denen sie namhafte Redner*innen aus aller Welt einlädt. Uriel Kashi, Leiter einer israelischen Jugendbildungsstätte, führte live zugeschaltet aus Jerusalem in die Hintergründe der Spannungen im Nahen und Mittleren Osten ein. Joanne Herzberg, Nachfahrin von Holocaust-Überlebenden, berichtete am 9. November aus den USA im Online-Gespräch „Jüdisches Leben in Detmold“ von ihrer Familien- und Lebensgeschichte.

Den Nerv treffen möchte man auch durch neuartige Formate und Methoden sowie spannende Veranstaltungsorte. So galt es beispielsweise „Bildungshorizonte zu entdecken“ im Hanger des Flughafens Paderborn/Lippstadt oder Graffiti als politische Ausdrucksform bei einer Graffiti-Stadtführung in Bielefeld zu begegnen. Bildungsworkshops führten ins Fußballmuseum in Dortmund und die Kulturfabrik am Hangar 21 in Detmold und ein interreligiöser Austausch wurde mit einem Klavierkonzert kombiniert. Bei einem Poetry-Abend in Rheda-Wiedenbrück zum Internationalen Frauentag stand unter anderem Ayse Irem Korkmaz-Tuncer auf der Bühne, Deutsche Meisterin im Poetry Slam 2025. Alex Paul moderierte.

Die nächsten außergewöhnlichen Formate lassen nicht lange auf sich warten: Die Planungen für 2026 laufen auf Hochtouren. 

Angesprochen sind alle Wissensdurstigen, die an gesellschaftspolitischen Fragen interessiert sind.