„Teambuilding“ im besonderen Setting
Schüler*innen tauschen ihr Klassezimmer gegen Home Deluxe Arena
Werwölfe im Klassenzimmer? Ein eher seltenes Szenario. Die Schüler*innen des Kolping-Berufskollegs Paderborn schlüpften jetzt jedoch in die Rollen von Werwölfen, Hexen, Seherinnen & Co. „Warum haben die Wölfe das Spiel gewonnen?“ läutete Dorian Weiß die Reflexionsrunde ein. Das beliebte Rollenspiel „Werwölfe“ gehört zu seinem Workshoprepertoire. Zwei Tage lange schulte er die Schüler*innen im Teambuilding. So ungewöhnlich die Methoden, so ungewöhnlich auch das „Klassenzimmer“: Die Teilnehmenden der Ausbildungsvorbereitung (AVV) waren zu Gast in der Home Deluxe Arena des SC Paderborn 07.
Ein ungewohntes Klassenzimmer (von links): Elisa Leyk, Dorian Weiß (Nullsieben Bildungszone) und Lehramtsstudent Bernd Lünswilken begleiteten die Schüler*innen im Teambuilding-Workshop des SC Paderborn 07 in der Home Deluxe Arena. Foto: Jana Sudhoff
„Wir bringen politische Bildung ins Stadion“ lautet der Leitsatz des „Lernort Stadion“. Dem Dachverband hat sich auch der SC Paderborn 07 mit seiner „Nullsieben Bildungszone“ als Lernzentrum angeschlossen. Und so tauschten die AVV-Schüler*innen ihren Klassenraum zwei Tage lang mit dem VIP-Raum des heimischen Fußballvereins. Auf dem Stundenplan standen Teambuilding und Zusammenhalt. Neben der Persönlichkeitsentwicklung als Grundbaustein ist es dem SC Paderborn 07 auch ein Anliegen, in seinen Workshops ein Bewusstsein für demokratische Werte zu vermitteln. Und so drehte es sich in dem Workshop von Dorian Weiß (Nullsieben Bildungszone) auch um Meinungsfreiheit und Vorurteile.
„Meinungsfreiheit ist ganz heiße Ware“
„Meinungsfreiheit – Was ist das?“ Das erfuhren die Schüler*innen von Abdelkarim. In einem entsprechenden Beitrag der Video-Reihe „Abdelkratie" der Bundeszentrale für politische Bildung postuliert der deutsch-marokkanische Komiker, Kabarettist und Fernsehmoderator: „Meinungsfreiheit ist ganz heiße Ware.“ Er fand auch plakative Worte für den Umgang mit anderen Meinungen: „Eine Meinung, die ich scheiße finde, ist kein Schlägereiangebot.“ Zwei der vier Merksätze Abdelkarims: „Du findest die Meinung eines anderen schwer auszuhalten. Sorry, aber da musst du durch: Du bist noch kein Weichei.“ Und auch wenn man heftig miteinander diskutiert, sollte eines klar sein: „Natürlich ist es nicht immer illegal, sich wie ein Arschloch zu verhalten. Aber wenn du dich wie eines benimmst, darfst du dich halt nicht wundern, wenn nur scheiße dabei rauskommt.“
Wichtig sei es, aus diesem Modus wieder rauszukommen und zu erkennen, dass man selbst seine Situation beeinflusse, verdeutlichte Dorian Weiß und zeigte: Mit überschäumender Wut verhält es sich wie mit einer Sprudelflasche. „Bei stillem Wasser passiert nichts“, wie er demonstrierte. Je mehr man schüttelt und das Wasser sprudelt, desto mehr Druck baut sich auf, bis die Flasche platzt. „Warum bist du so geschüttelt“, legte er den Jugendlichen als erste Frage in einer Konfliktsituation ans Herz, für die die Schüler*innen auch gleich konkrete Beispiele aus dem Schulalltag beisteuerten. „Wichtig ist, Strategien zu entwickeln, mit denen man aus der Wut rauskommt“, betonte Dorian Weiß. Statt das Ego zu befriedigen, das beispielsweise nicht als Verlierer dastehen möchte, sollte die Devise heißen: „Ich mache mir meinen Tag geil“, sprich, ich sorge dafür, dass ich einen entspannten Tag habe, statt ihn mir mit Wut zu verderben.
Impulse fürs Leben und fürs Klassenzimmer
Die Schüler*innen sollen gestärkt aus dem Workshop gehen: statt mit Null-Bock-Stimmung mit einem Strahlen im Gesicht nach Hause gehen. Statt auf viel textlichen Input setzt das Konzept von Dorian Weiß auf Spiel und Methode – um Spaß zu haben und um wichtige Impulse zu bekommen. Das besondere Setting im Stadion, in dem es auch eine themenbezogene Führung gab, bietet dafür ein offenes Ambiente: Fernab von den Bewertungen in der Schule bietet der außerschulische Lernort eine beurteilungsfreie Zone. Wichtig ist Dorian Weiß, den Jugendlichen drei Erfahrungen zu vermitteln: „Ich kann meine Meinung frei äußern. Man hört mir zu. Die Zusammenarbeit mit anderen hat einen Mehrwert für mich.“
Eine gemeinsame Meinung vertreten und dafür gemeinsam gute Argumente finden, war derweil das Erfolgsrezept der beiden Werwölfe. Auch bei der Marshmallow-Challenge gelingt natürlich der Gruppe der höchste Spaghetti-Turm, die sich das kooperative Arbeiten zu Herzen nimmt. Übungen, unter anderem um Meinungsfreiheit anzuwenden oder das Formulieren von Regeln in unterschiedlichen Kommunikationssituationen standen ebenfalls auf dem Stundenplan. Daneben gab es aber auch eine Reihe „sinnfreier“ Spiele – für den Spaßfaktor und etwas Bewegung.
„Das Workshopthema passt zu den vielen gesellschaftlichen Diskussionen, die aktuell geführt werden“, bilanzierte Lehrerin Elisa Leyk, die den ersten Workshoptag begleitet hatte und am zweiten Tag von Daria Wiese abgelöst wurde. „Wir haben einen differenzierteren Blick darauf gewonnen, was Meinung und Meinungsfreiheit bedeuten.“ Auch die Methodenvielfalt hat die Wirtschafts- und Sportlehrerin begeistert und ihr gute Impulse für den eigenen Unterricht geliefert. „Das Video von Abdelkarim und die Bewegungsspiele werde ich mit ins eigene Klassenzimmer nehmen.“ Ein Lerneffekt für sie selbst: Dank der Sprudelfaschen-Symbolik habe sich auch ihr Blick auf Krisensituationen verändert. „Der Workshop war als außerschulischer Lernort eine gelungene Abwechslung zum Schulalltag, besonders in der Vorweihnachtszeit“, sagt die Berufsschullehrerin.