Ausstaffiert fürs Reiten ohne Pferd
Familienzentrum trifft mit „Hobby Horsing“ den richtigen Nerv
Das Steckenpferdfieber grassiert nicht mehr nur in Finnland. Das kurios anmutende Reitsportphänomen findet hierzulande immer mehr Fans. Begeisterung weckt es auch in Brakel. Mit seinem zweistündigen „Hobby Horsing“-Angebot traf das Familienzentrum Brede den richtigen Nerv. Die Kolping Kindertageseinrichtung wurde von den hohen Anmeldezahlen überrascht, die sogar eine Warteliste notwendig machten. Mit Feuereifer bastelten die Kinder ihre eigenen Steckenpferde, die anschließend im Bewegungsraum zum Einsatz kamen. Wenngleich der Reitsport ohne echte Pferde von manchem Erwachsenen belächelt wird, bietet er eine breite Palette, um Kinder zu fördern.
Mit den selbstgebastelten Steckenpferden ging es im Bewegungsraum der Kolping Kindertageseinrichtung Brede im Galopp über die Hindernisse. Foto: Jana Sudhoff
„Der Spaß steht an erster Stelle“, sagt Breden-Erzieherin Ina Seck, die sich ehrenamtlich in der Reiterausbildung engagiert. „Im jungen Alter beginnen viele Kinder ihre Begeisterung für Pferde und das Steckenpferdspielen zu entdecken. Sie haben Spaß daran, ihre Fantasie auszuleben und ‚Pferderennen‘ und ‚Springwettbewerbe‘ zu veranstalten.“ Auch wenn Ina Seck selbst echte Pferde bevorzugt, weiß sie den inklusiven Benefit von „Hobby Horsing“ zu schätzen. „Es ist eine tolle Möglichkeit für Kinder, die gerne reiten möchten, deren Familien jedoch das Geld für den Reitunterricht oder ein Pferd fehlt“, sagt die Voltigierausbilderin. Das Steckenpferdreiten bringt Kinder in Bewegung und ermöglicht ihnen spielerisch den Zugang zum Thema Pferd – unabhängig von Herkunft, sozialen und finanziellen Hintergründen und Behinderungen.
Kombination aus Basteln und Bewegung
In der Rolle des*der Reiter*in verbessern die Kinder zudem ihre motorischen Fähigkeiten. „Der Umgang mit dem Steckenpferd stärkt das Gleichgewicht und die Koordination auf spielerische Weise“, erklärt Ina Seck, die das Bastel- und Bewegungsangebot für Kinder von vier bis acht Jahren gemeinsam mit Praktikantin Rieke Hoffmann durchgeführt und dafür zuallererst einen Haufen Heu und Stroh auf dem Kitaflur verteilt hatte.
Mit großen Wollsocken in der Hand standen die Kinder Schlange, um ihren Pferdekopf prall auszufüttern. „Es riecht sogar nach Bauernhof“, stellte ein angehender „Pferdebesitzer“ fest. Helle oder dunkle Ohren? Grüne, rote, braune oder orangene Halfter und Zügel? Mit Blesse oder ohne? Wie voluminös wird die Wollfäden-Mähne? Feinmotorik und Kreativität waren gefragt, um dem eigenen Pferd unter Einsatz von Wolle, Filz und Kleber einen individuellen Look zu verpassen. „Ich bekomme einen schwarzen Araber“, hatte eine Steckenpferdbastlerin schon klare Vorstellungen. „Meins soll Strubbel heißen“, warf der Nächste in die Runde. „Die Pferde wollen sich austoben“, drängelten derweil die Ersten voller Vorfreude auf den ersten Galopp mit ihren Pferden.
Wie bei den Trendsportprofis ging es mit den Steckenpferden in den Parcours. Im Bewegungsraum hüpften die kleinen Reiter*innen eifrig über die aufgebauten Hindernisse, bis die Wangen glühten. Und riefen ihren Eltern stolz aus dem Galopp heraus entgegen: „Guck mal, ich habe ein Pferd.“
Begeisterung auf allen Ebenen
Nicht nur die Kinder waren begeistert von ihrem Ausflug in die Welt des „Hobby Horsing“. Auch bei den Eltern kam das Angebot sehr gut an. Aufgrund der Nachfragen wird es auf jeden Fall eine Wiederholung geben – dann in kleineren Gruppen und mit einem größeren Zeitfenster. „Ich würde das immer wieder anbieten, da man in den Kinderaugen gesehen hat, wie viel Spaß es den Kindern gemacht hat“, schwärmt Erzieherin Ina Seck. „Sie waren stolz, aus so vielen Materialien ein tolles Pferd gebastelt zu haben, mit dem man dann auch noch über Hindernisse springen kann“, beschreibt sie den Erfolgsfaktor des „Hobby Horsing“ in der Kita.