TGB entwickelt ein Schulhundkonzept
Der Einsatz in den Fachschulklassen ist einzigartig
Sie sind die heimlichen Stars am Theresia-Gerhardinger-Berufskolleg (TGB) in Rimbeck: zwei Huskys, ein Epagneul Breton und ein Labrador. Wo Silver, Krümel, Hugo und Malou auftauchen, zaubern sie vielen ein Lächeln ins Gesicht. Die angehenden Schulbegleithunde sind selbst momentan Schüler. Sie werden – bis auf den ausgebildeten Therapiehund Silver – bis zur Abschlussprüfung vor den Herbstferien im Mensch-Hund-Team mit ihren Besitzerinnen für ihren professionellen Einsatz in der Schule vorbereitet. Im neuen Schuljahr sollen die Vierbeiner den Unterricht möglichst vieler Bildungsgänge bereichern. Und damit sind längst nicht nur die positiven Effekte auf das Lernklima und die Schüler*innen gemeint. Das TGB-Schulhundkonzept sieht noch ein i-Tüpfelchen vor.
Sie sorgen dafür, dass am TGB tierisch was los ist (von links): Eva-Maria Jochheim mit Hugo, Simone Walter mit Malou, Hundetrainerin Annabell Lohrengel und Mareike Gördemann mit Krümel und Silver. Foto: Jana Sudhoff
Die Hunde haben am TGB eine Doppelfunktion. Sie fördern als Teil der Klassengemeinschaft ganz klassisch die sozialen und emotionalen Kompetenzen der Lernenden, wirken stresslindernd und schaffen eine positive Atmosphäre. On top stehen sie in den Fachschulklassen auch methodisch im Mittelpunkt. „Das ist einzigartig im Gegensatz zum üblichen Schulbegleithundeeinsatz“, betont Schulleiterin und Husky-Besitzerin Mareike Gördemann. In einem neuen Vertiefungskurs sollen die angehenden Erzieher*innen und Heilerziehungspfleger*innen selbst erleben, wie man Hunde in einem sozialen Setting einsetzen kann. Ob als Lesehund in der OGS, als Eisbrecher in der Jugendhilfe, als Tröster für schwersttraumatisierte Kinder und Jugendliche, zur Förderung von Menschen mit Behinderung, zur Bewegungsförderung in Kitas – das Repertoire für das Berufsleben ist vielfältig. „Wir möchten mit der hundegestützten Pädagogik möglichst viele Arbeitsfelder abdecken“, erklärt Mareike Gördemann, die Eva-Maria-Jochheim und Simone Walter mit ihren beiden Vierbeinern dafür an ihrer Seite hat.
Hundegestützte Pädagogik wird professionell aufgestellt
Bis dahin gilt es für die Mensch-Hund-Teams, 60 Stunden unter Anleitung qualifizierter Dozentinnen zu absolvieren. Das Ausbilder-Team begleitet sie durch 20 Stunden Theorie und 40 Stunden Praxis. Den pädagogischen Part übernimmt dabei Mareike Gördemann, selbst Mitglied und Dozentin im Qualitätsnetzwerk Schulbegleithunde. Den kynologischen Bereich deckt die Hundetrainerin Annabell Lohrengel ab. Beide Dozentinnen verfügen über die jeweilige § 11-Erlaubnis Tierschutzgesetz für ihren spezifischen Bereich.
Zudem muss jede Hundebesitzerin eine Hundehaftpflichtversicherung für die Schule sowie ein Gesundheitsattest vom Tierarzt vorweisen. Schulleiterin Mareike Gördemann war es wichtig, dass die hundegestützte Pädagogik in der Schule professionell aufgestellt ist. „Nicht alle, die einen Hund haben, können ihn mitbringen, sondern müssen sich der Schulbegleithundeausbildung stellen“, unterstreicht sie. Dieser Anspruch soll auch nach außen sichtbar werden: Nach Abschluss der Schulbegleithundeausbildung wird in diesem Sinne die Qualitätsplakette „Mein Qualitätsversprechen“ des „Qualitätsnetzwerk Schulbegleithunde“ am TGB angebracht.
Die Ausbildung findet in einem anderen Setting als üblich statt: an der eigenen Schule. Das bringt zwei große Vorteile mit sich. Abgesehen von den Stunden im 1:1-Training – Hund-Mensch-Team und Dozentinnen – gibt es regelmäßig Gruppentrainingsstunden. „Es ist ein großes Plus, dass wir in der Gruppe sind. Das Schulhunderudel lernt sich kennen und lernt voneinander – auch unter Ablenkung“, lobt Eva-Maria Jochheim diese Ausbildungsvariante. Das kommt ihrem Hugo zugute, der als Jungspund beispielsweise noch Impulskontrolle lernen muss. Er und seine vierbeinigen Freunde nutznießen auch durch das Schulgebäude als Übungsplatz – mit ihrem künftigen Einsatzort sind sie so bereits gut vertraut.
Bunte Vielfalt auf vier Beinen
Gleich ein ganzes Rudel an Schulbegleithunden an der Schule zu haben, hat große Vorteile. „Wir leben so viel Vielfalt am TGB und jetzt leben wir auch Vielfalt mit unseren Hunden“, sagt die stellvertretende Schulleiterin und Malou-Besitzerin Simone Walter. Bedingt durch die Rassenvielfalt profitiert die Schulgemeinschaft von einer bunten Mischung an Eigenschaften: Während der eine Vierbeiner trickaffin ist, ist die andere Rasse für ihre Vorliebe für Körperkontakt bekannt und der Nächste besticht durch seine Empathie. Wo haben die Hunde ihre Schwerpunkte? Welche Funktionen können sie übernehmen? Wo können sie positiv wirken?
Das birgt auch Herausforderungen: „Die Einsätze müssen genau abgestimmt und geplant werden, das Rudel muss sich kennen und Grenzen akzeptieren und auch eine ‚Überdosis‘ Hund im Kollegium und in der Schulgemeinschaft sollte vermieden werden“, erläutert Mareike Gördemann, die für den pädagogischen Einsatz der Vierbeiner an einer sinnvollen Koordination arbeitet. „Auch deshalb wurde die Gruppen-Ausbildung initiiert – um genau herauszufinden, wo das jeweilige Mensch-Hund-Team seine Stärken hat und wie diese möglichst gewinnbringend in den Schulalltag einfließen können.
Die Freude, Silver, Krümel, Hugo und Malou nach den Sommerferien wiederzusehen, ist in der Schulgemeinschaft groß. Sowohl Kollegium als auch Schülerschaft begrüßen das Schulhundkonzept. Alle im Vorfeld mit ins Boot zu holen, war der Schulleitung wichtig.