Jacqueline Wolter hat „überraschend“ ihre Berufung gefunden

Sie war zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Dank der, wie sich später herausstellen sollte schicksalhaften Begegnung nahm der berufliche Werdegang von Jacqueline Wolter eine überraschende Wendung und mündete in das, „was ziemlich nah dran ist am Traumberuf“, wie die 43-Jährige lachend erzählt, die jüngst ihre Feststellungsprüfung bestanden hat. „Ich konnte mir nie vorstellen, in der Schule zu arbeiten“, gesteht die Wahlpaderbornerin, die inzwischen „in ihrem vierten Schuljahr“ am Kolping-Berufskolleg Paderborn ist – als Lehrerin. Und seit dem 20. April mit einer unbefristeten Lehrerlaubnis. „Jetzt würde ich gerne bei Kolping bis zur Rente bleiben“, sagt die Politik-, Sport- und Philosophielehrerin, die sich nicht mehr vorstellen kann, woanders als in der Schule zu sein. Den Stein dazu brachte der damalige Schulwerk-Geschäftsführer Ulrich Woischner ins Rollen. „Völlig verrückt, wie sich mein Lebenslauf entwickelt hat“, erzählt die Absolventin des jüngsten Prüfungsturnus.

Feststellungsprüfungskandidatin Jacqueline Wolter fühlt sich mit ihrer sozialen Ader am Kolping-Berufskolleg Paderborn genau richtig. Jacqueline Wolter fühlt sich mit ihrer sozialen Ader am Kolping-Berufskolleg Paderborn genau richtig. Dabei wäre sie als junges Mädchen gerne Kfz-Mechanikerin geworden. „Das ist nichts für Mädchen. Du musst immer schwer heben und es ist immer schmuddelig“, hatte ihre Mutter Veto eingelegt. Und so schrieb sich die sportbegeisterte junge Frau aus Herford nach einer schulischen Ausbildung an einem Berufskolleg – mit dem Schwerpunkt Sport – für den Magisterstudiengang für Philosophie, Geschichte, Geographie, Religions- und Gesellschaftswissenschaften in Paderborn ein. Doch um Geographie-Absolvent*innen riss man sich damals in Deutschland nicht und so bog Jacqueline Wolter in die Sportbranche ab und leitete schließlich acht Jahre lang ein Fitnessstudio in Paderborn. Ihre sportlichen Qualifikationen gepaart mit dem pädagogischen Know-how führten sie anschließend zum Projekt BEATZ4OWL für schulmüde Jugendliche – vergleichbar mit der Start-off-Maßnahme.

Helfersyndrom und Schule passen zusammen

Und eben diese stellte Ulrich Woischner bei einem Termin vor, bei dem auch Jacqueline Wolter über ihr Projekt sprach. „Wenn Sie mal einen Job brauchen, melden Sie sich gerne bei mir“, verabschiedete sich Woischner damals. Als BEATZ4OWL eingestellt wurde, klopfte sie tatsächlich beim Kolping Schulwerk an und reichte ihre Unterlagen ein – Schulsozialarbeit schwebte ihr vor. Doch das fehlende Studium in Sozialpädagogik machte diese Vision zunichte. Und dann brachte Woischner das Feststellungsverfahren ins Spiel. Drei Jahre später saß Jacqueline Wolter vor der Prüfungskommission. „Es war wie eine gemütliche Runde mit Leuten, die man frisch kennengelernt hat und mit denen man über ein bestimmtes Thema spricht“, schildert die Berufskollegslehrerin die angenehme Atmosphäre. Geholfen hat der Quereinsteigerin, dass sie nicht komplett vor Fremden saß, drei Gesichter waren ihr vertraut. „Auch in der Unterrichtsstunde haben die Prüfer alle so viel Positivität ausgestrahlt.“ Und der kollegiale Zusammenhalt in der Schule sei toll gewesen, beschreibt Wolter die Zeit vor der Prüfung. Wer nicht fachlich helfen konnte, der unterstützte die Prüfungskandidatin mental. „Ich bin sehr stolz auf mich, dass ich das geschafft habe und fühle mich jetzt noch mehr dazugehörig. Ich bin dran gewachsen“, schildert die Lehrerin, die hauptsächlich in den Abschlussklassen unterrichtet, ihren Entwicklungsprozess.  

„Ich habe viel dazu gelernt und konnte meinen Unterricht schon optimieren“, resümiert Jacqueline Wolter. Warum sie jetzt ihre Lehrertätigkeit nicht mehr missen möchte? Die anfängliche Befürchtung, sie könne nicht lehren, den Schüler*innen die Inhalte nicht vermitteln, hat sich in Luft aufgelöst. „Es klappt. Die Arbeit mit den Schüler*innen macht mir Spaß“, freut sich Jacqueline Wolter, die festgestellt hat, dass sie mit ihrer sozialen Ader am Kolping-Berufskolleg Paderborn genau richtig ist. „Ich liebe es, Menschen zu etwas Besserem zu verhelfen. Mein Helfersyndrom und Schule passen doch zusammen.“

Menschen, die vor der gleichen Entscheidung stehen, rät sie: „Machen. Ausprobieren. Die Chance nicht verstreichen lassen. Ich finde, es ist eine tolle Sache, dass Kolping Quereinsteiger*innen diese Möglichkeit bietet.“ Das habe auch einen Mehrwert für die Schule. „Jeder bringt etwas anderes aus seiner Berufserfahrung mit, von dem er den Schüler*innen praxisnah erzählen kann“, betont Wolter. Diese Diversität im Lehrerteam mache das Puzzle erst vollständig. „Und ohne das Zutun von Kolping und Herrn Woischner, der mir den Weg geebnet hat, wäre ich nie dazu gekommen.“


Weitere Porträts aus der Serie:

Tilman Bäcker
Stephanie Schmiedel
Oksana Lang
Christiane Leck
Daria Wiese