Demokratiebildung ist niederschwellig, interaktiv, emotional

Der politische Bildner Stefan von Zons bei seiner Anmoderation der Ausstellung "Toleranzräume". „Druckbetankung in Sachen Demokratie – das ist keine Vorgehensweise, um Schüler*innen Demokratie nahezubringen“, sagt Stefan von Zons, der für das Kolping-Bildungswerk Paderborn die Indoor-Ausstellung „Toleranzräume“ betreut und moderiert hat. Er und seine Frau Sonja von Zons arbeiten als politische Bildner*innen und unter anderem als Demokratie-Trainer*innen. Im Interview mit dem Kolping Schulwerk sprechen sie darüber, wie eine gelungene Demokratiebildung in Schulen aussehen kann: Was sind bewährte Methoden und Formate? Wie können Lehrkräfte zu Demokratiebotschafter*innen werden? Wie kann man Haltung zeigen? Was muss sich für eine erfolgreiche Demokratieerziehung ändern?

Unzählige kleine Impulse und Situationen

Ein Kind sitzt auf einem grünen Teppich, im Arm ein Stofftier und vor sich ein aufgeschlagenes Bilderbuch. So wie Politiker*innen im Parlament über kontroverse Themen streiten, wird auch in der Kita gestritten – über Spielideen. In beiden Fällen müssen Lösungen gefunden, Kompromisse geschlossen, andere Meinungen angehört werden. „In vielen kleinen Situationen, die auf den ersten Blick unscheinbar wirken, wird in der Kita ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung von Mitbestimmung, Verantwortung und sozialem Miteinander geleistet“, sagt Jana Falk, Leiterin der Kolping Kindertageseinrichtung Auguste in Bad Lippspringe. Eltern sei oft nicht bewusst, wie sehr demokratisches Handeln den Kita-Alltag prägt – auch außerhalb von Kinderparlamenten. „Demokratie ist kein pädagogisches Angebot, sondern spiegelt sich täglich in unzähligen kleinen Impulsen und Haltungen im Kita-Alltag wider“, betont Jana Falk.

„Ich werde gesehen und gehört“

Ein grünes Plakat mit handgeschriebenem Text in Deutsch und Englisch, auf dem ein rotes Stoppschild, ein "NEIN SAGEN"-Schild und ein "STOP"-Schild abgebildet sind, hängt an einer weißen Wand. Was wird nächste Woche in unserer Gruppe Besonderes gemacht? Für wen möchten wir Spenden sammeln? Welche Herbstdeko soll das Fenster zieren? Welches Spielzeug wünschen wir uns? Die Möglichkeiten demokratischer Mitbestimmung sind vielfältig – auch schon in der Kita. Nicht nur in den Kinderkonferenzen. Jeden Tag ergeben sich vielfältige Situationen, in denen Demokratiekompetenzen eine Rolle spielen, sagt Kathrin Kretschmer, Leiterin der Kindertageseinrichtung Springbach Höfe in Paderborn. Konfliktlösungen, Verantwortungsbewusstsein, Auseinandersetzung mit anderen Meinungen und Geschmäckern, sich für andere einsetzen, Kompromisse, Partizipation – der Kita-Alltag ist gespickt mit demokratischen Herausforderungen. Unabhängig von konkreten Projekten wird in Kitas täglich in vielen, vermeintlich unscheinbaren Situationen Demokratieerziehung geleistet.

Werte unter dem Auktionshammer

Drei Frauen stehen in einem Klassenzimmer und halten bunte Karten in der Hand, die mit demokratischen Werten beschriftet sind. „Ich gehe All In“, ruft ein Schüler in die Klasse und legt 3.060 Monopoly-Dollar auf einen Schlag auf den Tisch. Ersteigert hat er mit seinem Höchstgebot die „Religionsfreiheit“. Unter den Auktionshammer kamen im Kolping-Berufskolleg Paderborn (BK PB) demokratische Werte, auf die die Schüler*innen mit dem Spielgeld bieten konnten. „Die Werteversteigerung“ war einer der Bausteine im Workshop „Meine Werte ¬– deine Werte – unsere Werte“. Christiane Risse von der Regionalen Schulberatungsstelle des Kreises Paderborn war zu Beginn des Schuljahres ans Berufskolleg gekommen, um alle Abschlussklassen in einer je 90-minütigen Einführungsveranstaltung mit demokratischen Werten vertraut zu machen. Dabei waren Konflikte hochwillkommen.

Demokratie mit Leben füllen

In der Nahaufnahme einer deutschen Wörterbuchseite ist das Wort "Demokratie" blau hervorgehoben. Demokratie ist ein fester Bestandteil des Schutzkonzeptes am Kolping-Berufskolleg Paderborn (BK PB). Jetzt nimmt die Umsetzung Fahrt auf. Eine vierköpfige Steuergruppe arbeitet seit einem halben Jahr den offiziellen Rahmen für das Demokratiekonzept aus. Zusammen mit dem Kollegium wollen Oksana Lang, Elisa Leyk, Nicolas Trompeter und Jacqueline Wolter das Handlungskonzept mit Leben füllen, um der Schülerschaft ein Leitbild demokratischer Werte zu bieten, an dem sie sich orientieren kann. Ziel ist es, das Thema Demokratie ganzjährlich und flächendeckend in die didaktische Jahresplanung zu implementieren. Dafür muss niemand das Rad neu erfinden. Den Fachlehrer*innen steht ein Materialpool als Inspiration zur Verfügung – nicht der einzige Baustein im Demokratiekonzept.